Aktien kann man kaufen, Bildung nicht
Durch seine Weiterbildung zum Logistikfachmann konnte Mario Weber logistische Abläufe im Betrieb verbessern.
Weil im Betrieb von Mario Weber logistische Abläufe verbessert werden sollten, bildete sich der Metallbauer zum Logistikfachmann weiter. Heute ist er Inhaber des Kleinunternehmens.
«Unter Logistik hatte ich mir etwas anderes vorgestellt – nämlich Paletten mit dem Gabelstapler herumfahren, mehr nicht.» Bevor sich Mario Weber mit dem Berufsbild auseinandersetzte, hatte er ein ziemlich einseitiges Bild von der Logistik, wie der 32-Jährige unumwunden zugibt. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn seine berufliche Tätigkeit ging zunächst in eine andere Richtung: «Nach der vierjährigen Lehre zum Metallbauer, die ich 2005 abschloss, übernahm ich bei meinem damaligen Arbeitgeber die Leitung der Werkstatt. In dieser Zeit erwarb ich den eidgenössischen Fachausweis zum Werkstatt- und Montageleiter», erzählt der gebürtige Berner. Der nächste Karriereschritt führte den noch jungen Berufsmann nach Vevey, wo er als Projektleiter in einem Planungsbüro für Fassadenbau sein Fachwissen erweiterte.
Logistisches Wissen nötig
Nach zweieinhalb Jahren kehrte Weber in die Deutschschweiz zurück und übernahm bei der Berner Firma Creametal das Produktmanagement, die Beschaffung und den Verkauf. «Unsere Kunden sind hauptsächlich Metallbauer und metallverarbeitende Firmen. Seit der Firmengründung vor 20 Jahren stellen wir Produktionshilfen her. Mit der Zeit begannen wir, auch Produkte anderer Hersteller zu vertreiben», erklärt Weber. Dadurch gewannen Themen wie Lagerung, Bestellung, Logistik und Spedition eine zunehmend grössere Rolle im Kleinbetrieb mit vier Mitarbeitern. «Es wurde unerlässlich, dass sich einer von uns in diesem Bereich weiterbildete, also habe ich mich anerboten. Nachdem sich mein damaliger Chef informiert hatte, entschied er sich, mich zum Logistikfachmann ausbilden zu lassen», so Weber.
Überraschende Vielfalt
An einer Info-Veranstaltung von GS1 Schweiz revidierte Weber seine Vorstellung von der vermeintlich einseitigen Tätigkeit eines Logistikfachmanns gründlich: «Ich merkte, wie vielfältig diese Weiterbildung ist. Während des Lehrgangs, den ich von 2014 bis 2016 absolvierte, hatte ich mehrere ‹Aha-Erlebnisse›», erinnert sich Weber. So habe er etwa von den Fächern Finanzbuchhaltung, Selbstmanagement oder Distribution enorm profitieren können. «Durch das Wissen, das ich mir aneignete, konnten wir im Betrieb einiges verbessern – etwa bei der Lagerbewirtschaftung, der Einkaufsstrategie oder der Distribution.» Webers Elan und Faszination für die Materie beeindruckte seinen Vorgesetzten, den Geschäftsinhaber: «Als er erkannte, dass er die Firma abgeben möchte, fragte er mich für die Nachfolge an.»
Lernen fürs Leben
Trotz seines noch jungen Alters – Weber war damals 30 – und noch mitten in der Weiterbildung, sagte er zu und Ende 2015 übernahm er das Geschäft als Einzelinhaber. Einige seiner Kollegen aus der Weiterbildung hätten es damals nicht verstanden, dass er den Lehrgang dennoch durchzog. In ihren Augen benötigte er als Firmeninhaber den Abschluss zum Logistikfachmann nicht mehr. Weber hat eine andere Sicht der Dinge: «Aktien kann man kaufen und wieder verlieren. Bildung nicht. Das Wissen, das ich erworben habe, kann mir niemand nehmen.»
Die Weiterbildungszeit erlebte Weber als herausfordernd, doch darauf war er vorbereitet. «Von meiner ersten Weiterbildung wusste ich, wie anspruchsvoll es ist, sich nebenberuflich fortzubilden.» Dank der Unterstützung seines Arbeitgebers konnte er während der Weiterbildung sein Pensum auf 80 Prozent reduzieren: «So ging ich alle zwei Wochen am Freitag und Samstag ohne Druck in den Kurs. In der Woche dazwischen nutzte ich den freien Tag, um zu lernen.» Den Unterricht hat Weber in bester Erinnerung. «Wir hatten motivierte Dozenten, die mit Leidenschaft unterrichteten», so Weber. Negative Momente habe er in der Weiterbildung nicht erlebt – für ihn ist das auch eine Frage der Einstellung: «Man ist selber verantwortlich dafür, was man aus einer Weiterbildung macht.»
Bildung als Firmenstrategie
Der Jungunternehmer weiss, wie wertvoll seine neuen Kompetenzen sind. «Für die Aufgaben, die ich heute übernehme, benötigte ich die Weiterbildung.» Gerade in einem Kleinstbetrieb seien gut funktionierende Prozesse wesentlich. Vor einem Jahr hat die Creametal ihren Sitz von Bern nach Kappelen im Seeland verlegt. Auch beim Umzug und beim Aufbau des neuen Standorts, samt Lager, profitierte Weber von seiner Weiterbildung: Rund 1800 Lagerartikel – von den kleinsten Schrauben bis hin zu grossen Bauteilen sind auf 590 Quadratmetern untergebracht – «grösstenteils im Palettlager, ansonsten im Fachlager», sagt Weber.
Als Geschäftsinhaber will Weber die berufliche Entwicklung seiner Mitarbeitenden fördern. «Derzeit macht einer meiner Angestellten eine Weiterbildung im Verkaufsbereich. Wenn sich jemand fortbilden möchte und dies für den Betrieb Sinn macht, unterstütze ich das gerne.» Denn die Erkenntnis, dass Bildung das höchste Gut ist, hält er auch als Vorgesetzter hoch: «Der Erfolg einer Firma hängt nicht nur vom Chef ab, sondern auch von den Mitarbeitenden. Je besser ausgebildet diese sind, desto mehr freie Kapazitäten entstehen auf der Führungsebene.»
Zur Person:
Auch als Vorgesetzter und Geschäftsinhaber weiss Mario Weber wie wichtig Weiterbildung ist.
Mario Weber ist 1985 in Bern geboren und wohnt heute in Kallnach im Berner Seeland. Er schloss 2005 die Lehre zum Metallbauer EFZ ab. Von 2007 bis 2009 erwarb er den eidgenössischen Fachausweis zum Werkstatt- und Montageleiter. Es folgten zweieinhalb Jahre in Vevey als Projektleiter in einem Büro für Fassadenplanung. Seit 2011 ist Weber bei Creametal in Kappelen/BE tätig – zunächst als Verantwortlicher für das Produktmanagement, die Beschaffung und den Verkauf. Um im Kleinbetrieb logistische Abläufe verbessern zu können, absolvierte er von 2014 bis 2016 die Weiterbildung zum Logistikfachmann bei GS1 Schweiz. 2015 übernahm Weber Creametal als Einzelinhaber.
Autor: Julia Konstantinidis
Bildquelle alle Bilder: juk