Musterbeispiele Modul «Vertiefung Unternehmenslogistik»
Kompetenzbaustein – 01
Logistikbereiche planen und steuern
Beispiel A
In seiner Rolle als Head of SCM führt Reto die Bereiche «Beschaffung», «Produktion» und «Distribution» in einem industriellen Unternehmen. Um auch in den kommenden Jahren erfolgreich am Markt bestehen zu können, hat die Geschäftsleitung ein Massnahmenpaket geschnürt, um das finanzielle Ergebnis zu optimieren. Als Bestandteil dessen erhält Reto den Auftrag, eine strategische, mittelfristige Ressourcenplanung vorzunehmen und den aktuellen Personaleinsatz kritisch zu prüfen. In einem ersten Schritt stellt er grafisch dar, welche Aufgaben zur Erfüllung des Leistungsauftrags nötig sind, und quantifiziert diese mithilfe des Kennzahlensystems. Anschliessend vergleicht Reto die berechnete Auslastung mit der vorhandenen Kapazität. Dabei fällt ihm auf, dass besonders im Bereich «Beschaffung» die Kapazität deutlich höher ist als die Auslastung. Er beschliesst also, zwei Stellen, welche durch bevorstehende Pensionierungen frei werden, nicht mehr zu besetzen.
Beispiel B
Als Leiter Logistik führt Remo die drei Bereiche «Wareneingang», «Kommissionierung» und «Warenausgang». Dabei sind ihm 25 Mitarbeitende direkt unterstellt. Durch die zyklische Erarbeitung einer Einsatzplanung stellt er sicher, dass alle drei Bereiche über die erforderlichen Ressourcen verfügen, welche zur Abdeckung des Leistungsauftrags nötig sind. Bei der Planung handelt es sich jedoch nicht um ein statisches Modell, sondern es wird zugelassen, dass bei Schwankungen im operativen Tagesgeschäft die Ressourcen angepasst bzw. innerhalb der Bereiche verschoben werden können. Kennzahlen zu Auftragsvolumen, Lagerkapazität und offenen Wareneingängen ermöglichen einen Statusreport, auf dessen Basis Remo die Steuerung der Bereiche in einem iterativen Prozess vornehmen kann.
Kompetenzbaustein – 02
Beschaffungslogistik konzipieren und führen
Pascal hat als frisch ausgebildeter Supply Chain Manager seine Stelle im strategischen Einkauf der Firma Muster AG angetreten. Als erste Bewährungsprobe hat er von der Geschäftsleitung den Auftrag bekommen, die angewendeten Beschaffungsstrategien zu prüfen und wenn nötig anzupassen. In einer ersten Phase klassifiziert Pascal sämtliche Beschaffungsgüter nach Versorgungrisiko und Einkaufsvolumen und identifiziert so, bei welchen Gütern welche Normstrategie der Beschaffung sinnvoll wäre. Diese vergleicht er anschliessend mit den aktuellen Strategien. Insbesondere bei den Kerngütern sieht er Handlungsbedarf. Er entscheidet sich, bei diesen künftig auf globales Multiple-Sourcing zu setzen, was für die Muster AG bedeutet, dass im Beschaffungsmarkt neue, zusätzliche Lieferanten gesucht werden müssen. Durch primäre Marktforschung entdeckt er mehrere Anbieter, welche in Frage kommen könnten, und unterzieht sie einer ersten, sorgfältigen Evaluation. Nach der Auswahl unterzieht er die neuen Lieferanten regelmässigen Lieferantbewertungen und baut so einen entsprechenden Lieferantenstamm auf. Nach einigen Monaten der Zusammenarbeit entscheidet Pascal, dass mit einem Lieferanten aufgrund nachlassender Qualität und mehrerer ins Leere führender Gespräche die Zusammenarbeit beendet werden muss. Dafür ist er mit einem anderen Lieferanten so sehr zufrieden, dass er eine Erweiterung der Geschäftsbeziehung anstrebt.
Kompetenzbaustein – 03
Produktionslogistik konzipieren und führen
Beispiel A
Die Firma GREENERGY AG entwickelt und produziert nachhaltige Lösungen mit dem Schwerpunkt «Elektromobilität». Vor wenigen Wochen konnte die Firma mit der Entwicklung eines vollelektrischen Motorradrollers für das urbane Umfeld einen grossen Erfolg verzeichnen. Nach der erfolgreichen Auslieferung der Nullserie hat sich die Firma nun entschieden, die Serienproduktion am Standort Weinfelden aufzubauen und zu betreiben. Lars Müller, Leiter Logistik in Weinfelden, wurde vom Projektteam eingeladen, das Vorhaben beratend zu unterstützen und ein Konzept für die Produktionslogistik zu erarbeiten. Auf Basis der erhaltenen Informationen plant Lars den Transformationsprozess mit Durchlaufzeiten, Losgrössen und Fertigungstakt. Mithilfe dieser Informationen eruiert er verschiedene Fertigungsprinzipien und bewertet diese zusammen mit dem Projektteam in einer Nutzwertanalyse. Die Inselfertigung wird als bestmögliches Fertigungsprinzip gewählt und nun sinnvoll – d.h. kurze Wege, optimaler Warenfluss usw. – in das Produktionslayout eingereiht. Beim Aufbau der Insel verfolgt Lars nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Ziele. So setzt er einen weiteren Schwerpunkt auf die Ergonomie der Arbeitsplätze.
Beispiel B
Für das Produktionsprogramm muss Lars vorgängig die Stücklisten und Operationspläne (Fertigungsabläufe) erstellen. Diese Daten werden im ERP-System eingepflegt und unterstützen anschliessend die Produktionsplanung und -steuerung. In einem Simulationsmodell vergleicht Lars die prognostizierte Auslastung mit den geplanten Kapazitäten und stellt fest, dass bereits bei kleinsten Erhöhungen der Stückzahlen ein Engpass im finalen Assembling entsteht. Eine entsprechende Empfehlung zur Erhöhung der Kapazität bei diesem Operationsschritt reicht er schriftlich beim Projektteam ein. Nach dem erfolgreichen Going-live wird Lars noch gebeten, ein Instrument zur Ermittlung der Produktivität zu entwickeln. Damit sollen zukünftige Ziele gesetzt, kontrolliert und erreicht werden. Er definiert für jede Operation auf Basis der erhobenen Durchlaufzeiten entsprechende Vorgabezeiten. Die Zeitrückmeldung durch den Mitarbeitenden direkt im ERP ermöglicht anschliessend einen Soll-Ist-Vergleich und lässt zu, die Produktivität zu ermitteln. Weiter können so Unstimmigkeiten im Prozess identifiziert und gezielte Optimierungen vorgenommen werden. Lars dokumentiert zum Abschluss noch das Produktionskonzept für die neuen Elektroroller und wird anschliessend dankbar aus dem Projektteam entlassen.
Kompetenzbaustein – 04
Lagerlogistik konzipieren und führen
Fabian ist Logistikleiter der Firma Muster AG, einer Handelsfirma für Metallprofile. Die Firma hat schon länger das Problem, dass ihre Lagerkapazität im Wabenregal, wo die Profile gelagert werden, aufgrund des wachsenden Sortiments nicht mehr ausreicht. Fabian wurde von der Geschäftsleitung beauftragt, Lösungen zu suchen. Sorgfältig analysiert und klassifiziert er die Lagerbestände und fertigt Materialflussdiagramme an, welche ihm die Schwächen, aber auch die Stärken der aktuellen Lagerorganisation aufzeigen. Auf Basis dieser Daten erarbeitet er mehrere Varianten. Diese reichen von rein organisatorischen Lösungen wie z.B. Veränderungen des aktuellen Materialflusses und Nutzung anderer bestehender Lagerformen bis hin zu einem kompletten Neubau eines grösseren, automatisierten Wabenregals. Die verschiedenen Varianten werden von Fabian bis ins Detail ausgearbeitet und nach verschiedenen Kriterien bewertet. Seine Resultate präsentiert er anschliessend der Geschäftsleitung zur Entscheidungsfindung. Fabian weiss aufgrund der Unternehmensstrategie, dass die Firma Muster AG eine zukunftsorientierte Lösung will, welche die aktuelle Problemsituation nicht nur löst, sondern auch nachhaltig verbessert. Auch das berücksichtigt er bei seiner Präsentation und empfiehlt aus diesem Grund die Variante mit dem Neubau eines automatisierten Wabenregals. Fabian konnte durch seine gut argumentierte Empfehlung punkten, einige Wochen später bekommt sein Vorschlag von der Unternehmensführung grünes Licht.
Kompetenzbaustein – 05
Distributionslogistik konzipieren und führen
Beispiel A
Die zwei sich bisher konkurrenzierenden Unternehmen ABC und XYZ haben sich vor wenigen Wochen auf eine Fusion geeinigt. Damit soll die Kraft der zwei Unternehmen gebündelt werden und so zur Marktführerschaft führen. Thomas wurde als Leiter Logistik Schweiz der Firma ABC gebeten, eine Entscheidungsgrundlage für die Wahl der Distributionsstrategie zu erarbeiten. Abgeleitet aus der Unternehmensstrategie definiert Thomas die Faktoren «Lieferfähigkeit» und «Geschwindigkeit» als Schwerpunkte für die neue Lösung. In einem ersten Schritt analysiert Thomas die Lager-, Transport- und Vertriebskennzahlen beider Firmen. Anschliessend stellt er die nationalen und internationalen Warenflüsse dar und bemerkt schnell, dass der Standort von ABC in Oensingen deutliche geografische Vorteile gegenüber dem Standort von XYZ in Eglisau aufweist. Um sowohl ökonomische als auch ökologische Nachteile der Lösung «Eglisau» aufzuzeigen, kalkuliert Thomas die Transportkosten je Standort und stellt diese zusammen mit der Distanz (km) grafisch dar. Da Oensingen in dieser Partnerschaft als Hauptproduzent agiert und die Kundenbedürfnisse sehr kurzfristig entstehen, wirkt der indirekte Vertriebsweg über Eglisau sich ebenso negativ auf die Liefergeschwindigkeit aus.
Ausreichende Lagerkapazität ist an beiden Standorten gegeben. Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse erstellt Thomas mehrere mögliche Distributionsvarianten und reicht diese zusammen mit einer Empfehlung bei der Geschäftsleitung ein.
Beispiel B
Jahrzehntelang hatte die Firma Bau AG in verschiedenen Märkten eine monopolistische Stellung. Doch der Markt und seine Kund/innen haben sich verändert: Hohe Lieferfähigkeit und schnelle Reaktionen auf Kundenbedürfnisse sind längst nicht mehr nur Sache der Einzelhändler. Neben Qualität, Funktion und Preis zählen Lieferfähigkeit und Geschwindigkeit heute zu den zentralen Kaufkriterien. Diese Herausforderung verlangt eine engverzahnte, agile Wertschöpfungskette sowie eine leistungsstarke Distributionslogistik. Als Leiter Logistik soll Walter die Situation analysieren und entsprechende Lösungen erarbeiten. Damit soll die Basis für die Erweiterung der Bestelldeadline von 14 Uhr auf 15 Uhr für Bestellungen mit Zustellung am Folgetag geschaffen werden. Die Produkte der Firma weisen eine geringe Fertigungstiefe auf. Im Prozess entsprechen sie einem Handelsprodukt. Die Distributionslogistik nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Verschiedene Analysen machen Walter deutlich, dass Massnahmen in diesem Bereich der Kette sich als am wirkungsvollsten präsentieren. Er entwickelt zwei Varianten zur Steigerung der Performance in der Vetriebslogistik und stellt diese dem Auftraggeber vor. Gemeinsam entscheiden sie sich für die Einführung der zweistufigen Kommissionierung, also eine Senkung der Durchlaufzeit durch Reduktion der Kommissioniervorgänge. Die Kosten für die Umsetzung belaufen sich auf max. 4000 Franken. Mit einer jährlichen Reduktion der Kommissionierzeit von mindestens 315 Stunden ist das Projekt bereits nach kurzer Zeit amortisiert. Auf dieser Grundlage reicht Walter den Antrag zur Freigabe des Projekts ein.
Kompetenzbaustein – 06
Entsorgungslogistik konzipieren und führen
Lukas, frisch ausgebildeter Supply Chain Manager, durfte per 1. Januar die Stelle als Logistikleiter in der Firma Muster AG, bei welcher er bisher Bereichsleiter Wareneingang war, antreten. Als erste Handlung in seiner neuen Tätigkeit will er die Entsorgung der Firma optimieren. Bei der Geschäftsleitung stösst das Vorgehen von Lukas auf grosse Zustimmung, da er ihr aufzeigt, dass Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sich nicht nur finanziell lohnen können, sondern auch ein wirksames Marketinginstrument sind. Nach einer ersten Analyse stellt Lukas fest, dass im Unternehmen weder ein Entsorgungskonzept noch irgendwelche Prozesse dazu definiert sind. Viele Abfälle werden nicht getrennt und seit Jahren denselben Entsorgungskanälen zugeführt, in vielen Fällen sogar kostenpflichtig. Kennzahlen zur Entsorgung gibt es nicht. Lukas erhebt die exakten Entsorgungskosten der Firma und nimmt die Ist-Situation auf. In der nächsten Phase spricht er mit verschiedenen Entsorgungsdienstleistern und verschafft sich so einen Überblick, wo eine Abfalltrennung sinnvoll ist und wo nicht, wo sich Kostenvorteile bieten und wo nicht. Er holt verschiedene Angebote von Entsorgungsstellen ein und kombiniert die Varianten so, dass für die Muster AG eine möglichst kostengünstige und nachhaltige Gesamtlösung entsteht. Daraus definiert Lukas die neuen Entsorgungsprozesse und erstellt ein entsprechendes Entsorgungskonzept. Weiter schafft er Kennzahlen, die es ihm ermöglichen, die Leistung der neu organisierten Entsorgungslogistik zu messen und zu überwachen.
Kompetenzbaustein – 07
Prozesse und Nachhaltigkeit der Unternehmenslogistik analysieren und optimieren
Die Firma Muster AG, ein Handelsunternehmen für Metallhalbfabrikate, hat sich aus Image- und Kostengründen das Ziel gesetzt, ihre Logistik ressourcenschonender zu gestalten. Thomas, der Logistikleiter der Firma, erhält von der Geschäftsleitung den Auftrag, dieses Projekt anzugehen. Das grösste Potenzial, um das Ziel der Muster AG zu erreichen, sieht Thomas im Bereich Verpackungsmaterial. Um zu identifizieren, wo und in welcher Menge Verpackungsabfälle anfallen oder verursacht werden, analysiert er alle Logistikprozesse des Unternehmens. Er startet im Bereich Beschaffung. Thomas untersucht die eingesetzten Verpackungsmaterialien der Lieferanten und bemerkt in vielen Bereichen Reduktionsbedarf. Er unterbreitet ihnen Verbesserungsvorschläge in Form von einfacheren Verpackungen oder im Einsatz von Mehrweggebinden. Wo möglich kooperieren die Lieferanten mit Thomas und dies führt zu einer ersten Reduktion der anfallenden Menge von Verpackungsabfällen. Im nächsten Schritt will Thomas im Bereitstellungsprozess der Muster AG Verbesserungsmassnahmen treffen. Statt den grössten Teil der Güter in Einweggebinden zu versenden, prüft er, vermehrt Mehrweggebinde einzusetzen. Er unterbreitet seinen Vorschlag den Kund/innen der Firma und stösst damit auf grosse Zustimmung, da so auch bei ihnen weniger Abfälle entstehen. Zu guter Letzt nimmt Thomas noch den Bereich Entsorgung unter die Lupe. Für die Verpackungsabfälle, deren Entstehung unumgänglich ist, prüft Thomas verschiedene Entsorgungskanäle und stellt so für die Muster AG ein möglichst nachhaltiges und ressourcenschonendes Entsorgungskonzept zusammen. Die getroffenen Massnahmen führen in der Versorgungskette zu einer ganzheitlichen Ressourcenschonung und Kosteneinsparung.